Physik
Forscher haben 3D-Gitter gefangener Atome für mögliche Quantencomputeraufgaben hergestellt, aber die Standardtechnologie ermöglicht keine große Kontrolle über den Atomabstand. Jetzt hat ein Team eine neue Art von 3D-Gitter geschaffen, indem es optische Pinzetten – Punkte fokussierten Lichts, die Atome einfangen – mit einem optischen Phänomen kombiniert, das als Talbot-Effekt bekannt ist [1]. Das 3D-Pinzettengitter des Teams hat Plätze für 10.000 Atome, aber mit einigen einfachen Modifikationen könnte das System 100.000 Atome erreichen. Eine solch große Atomanordnung könnte schließlich als Plattform für einen Quantencomputer mit Fehlerkorrektur dienen.
Optische 3D-Gitter gibt es schon seit Jahrzehnten. Die Standardmethode zu ihrer Erzeugung besteht darin, sechs Laserstrahlen zu kreuzen, um ein 3D-Interferenzmuster zu erzeugen, das Atome entweder an den Punkten hoher oder niedriger Intensität einfängt (siehe Zusammenfassung: Qubits in einem 3D-Gitter lokalisieren). Diese Kaltatomsysteme wurden als Präzisionsuhren und als Modelle für Systeme aus kondensierter Materie verwendet. Allerdings wird der Abstand zwischen den Atomen durch die Wellenlänge des Lichts festgelegt, was die Kontrolle der Forscher über das Verhalten der Atome einschränken kann.
Optische Pinzetten bieten eine alternative Methode zum Einfangen und Kontrollieren von Atomen. Um ein Pinzettenarray zu bilden, leiten Forscher einen einzelnen Laserstrahl durch ein Mikrolinsenarray (oder ein ähnliches Gerät), das den Strahl in ein 2D-Muster aus mehreren hellen Punkten fokussiert. Atome werden automatisch in die Mitte dieser Punkte gezogen und bilden eine Anordnung in einer einzigen Ebene (siehe Standpunkt: Alkalische Atome mit optischer Pinzette festgehalten). „Wir bringen diese Pinzetten-Arrays in die dritte Dimension“, sagt Malte Schlosser von der Technischen Universität Darmstadt.
Um ein 3D-Gitter zu erhalten, machten sich Schlosser und seine Kollegen den Talbot-Effekt zunutze, ein Interferenzphänomen, das auftritt, wenn Licht auf eine periodische Struktur wie ein Beugungsgitter oder eine Mikrolinsenanordnung trifft. Das aus der Struktur austretende Licht erzeugt ein 2D-Interferenzmuster heller Punkte in einem festen Abstand hinter der Struktur, erzeugt aber auch zusätzliche Ebenen von Punkten parallel zur ersten. Der Talbot-Effekt galt lange Zeit als störend für die Pinzetten-Array-Forschung, da er „zusätzliche“ helle Flecken erzeugt, die verirrte Atome einfangen, was die Messungen stört. Die Forscher machten aus diesem „Bug“ ein Merkmal, indem sie ihr optisches System bewusst so abstimmten, dass Atome an den besonders hellen Stellen eingefangen wurden, erklärt Schlosser.
Die Forscher richteten einen 800-Milliwatt-Laser auf eine Mikrolinsenanordnung, die eine zweidimensionale quadratische Anordnung von 777 Atomfallen in der Brennebene der Linse erzeugte. Doch dank des Talbot-Effekts wurde dieses 2D-Array in 17 parallelen Ebenen reproduziert, was insgesamt 10.000 Atomfallen ergab. „Diese Talbot-Flugzeuge sind kostenlos, wir müssen also keine zusätzliche Laserleistung oder zusätzliche Laserstrahlen einsetzen“, sagt Schlosser.
Als Demonstration ihres Systems zeigten Schlosser und seine Kollegen, dass sie etwa 50 % der Fallen mit Rubidiumatomen beladen und einen optischen Übergang in allen Atomen eines Untergitters induzieren konnten. Zukünftig plant das Team, mit einem fokussierten Laserstrahl gezielt ein einzelnes Atom anzuregen. Eine solche optische Kontrolle könnte es Forschern ermöglichen, den Zustand des Atoms zu „lesen“ oder es in einen sogenannten Rydberg-Zustand zu versetzen, der es ihm ermöglichen würde, mit seinen Nachbarn zu interagieren. Die Kontrolle von Atom-Atom-Wechselwirkungen wurde bereits in 2D-Pinzetten-Arrays demonstriert. Schlosser geht von Atom-Atom-Wechselwirkungen im 3D-Gitter aus, doch derzeit ist der Abstand zwischen den Ebenen zu groß (ca. 100 µm); ein Abstand von 10 µm oder weniger wäre erforderlich.
Neben der Verkleinerung der Gitterabstände plant das Team die Erforschung anderer Fallengeometrien, beispielsweise sechseckiger Muster, die Materialien wie Graphen nachahmen könnten. Die Forscher arbeiten auch daran, die Laserleistung zu steigern. Mehr Licht erhöht die Anzahl der Fallen im Gitter. Sie schätzen, dass eine Verdoppelung der Leistung 30.000 Fallen ergeben würde und dass eine Vervierfachung fast 100.000 ergeben dürfte.
Schlosser und seine Kollegen „packen eine der wichtigsten Herausforderungen an, denen sich jede Quantencomputertechnologie stellen muss, nämlich die Skalierung“, sagt Ben Bloom, Gründer und Chief Technology Officer von Atom Computing, einem Quantentechnologieunternehmen in Kalifornien. Er sagt, dass das neue Design praktisch kostenlos eine große Anzahl von Atomquantenbits erzeugen kann, aber es wird vor Herausforderungen stehen, wenn man versucht, die Atome innerhalb des Gitters zu kontrollieren. Dennoch wird die Kontrolle so vieler Atome praktische Vorteile haben. „Das Verschieben einer großen Anzahl individuell kontrollierter Atome in 3D wird die Erforschung neuer Quantenfehlerkorrekturcodes ermöglichen“, sagt Bloom.
–Michael Schirber
Michael Schirber ist korrespondierender Herausgeber des Physics Magazine mit Sitz in Lyon, Frankreich.
Zusammenfassung: Eine Rekordzahl an Atomen, die in einem Muster gefangen sind
Die Website des Forschungsteams
Malte Schlosser, Sascha Tichelmann, Dominik Schäffner, Daniel Ohl de Mello, Moritz Hambach, Jan Schütz, and Gerhard Birkl
Physik. Rev. Lett. 130, 180601 (2023)
Veröffentlicht am 5. Mai 2023
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